Lisl Spurny * Akademische Malerin * Portraitmalerei * Kinderportraits * Tierportraits * Öl- und Acrylmalerei * Aquarelle * Zeichnungen * Grafik

Augustin in Öl

Lisl Spurny im Gespräch mit Robert Sommer und Doris Kittler

 

lisl spurny beim malen

Was haben der reitende Mozart, eine Schwimmerin beim Aufwärmen, ein gaffender Opernballgast und ein Kamelkopf gemeinsam? Schwer vorzustellen? Sie alle gibt es aus Öl auf Leinen in Lisl Spurny-Schwarzmüllers Atelierwohnung im vierten Bezirk zu bestaunen. Wir werden durch mehrere Zimmer voller Bilder zu einer Staffelei geführt, wo Kollege Sommer in bestes Licht gerückt und sogleich malerisch festgehalten wird. Geduldig verharrt das Modell dort gut ein bis zwei Stunden, bis das Aquarell vollendet ist. Ob in schnellen Skizzen oder in langen, oft mehrmals wiederholten Sitzungen; hier wird mit großer Leidenschaft und Beharrlichkeit, wenn auch ein wenig versteckt gearbeitet.


Und das, obwohl die Künstlerin schon viele Gesichter gemalt hat: ob einfache Marktleute, Freunde oder SchauspielerInnen; Berühmtheiten wie Elisabeth Orth, Kardinal König und Rudolf Kirchschläger. Unlängst hatte sie die Idee, den von ihr hoch geschätzten Augustin mit einer Bildserie zu bedenken. Sie will eine Reihe von KolporteurInnen und MitarbeiterInnen in Aquarell portraitieren und für eine karitative Weiterverwertung zur Verfügung stellen.


“Mit traumwandlerisch sicherem Instinkt schaut sie hinter die aufgesetzte Fassade und entdeckt dort den wahren Menschen” schwärmt man über die Malerin. Anderen KunstkritikerInnen erscheint sie in ihrer direkten Gegenständlichkeit vermutlich unzeitgemäß. Lisl Spurny-Schwarzmüller selbst ist davon unbeeindruckt: “Auf der Leinwand habe ich mir meine Menschen neu geboren”.


Wie bist du auf die Idee gekommen, gerade das Augustin-Team zu portraitieren?

Bei meinem Supermarkt steht immer ein Augustin-Verkäufer. Starker Typ! Eingefallen ist es mir, wie Dieter Schrage für den Augustin eine Führung im Museum gemacht hat. Ich hab ihn gefragt, ob er die Leute kennt. Ich hab mir gedacht, dass ich eine Serie mache, aus der man dann einen Kalender druckt. Die Kolporteure könnten ihn verkaufen oder man verwertet die Bilder sonstwie.

Du hast Portraits von Leuten gemacht, die ja das Gegenteil von Augustin-Leuten, nämlich sehr arrivierte Menschen sind. Was verbindet die Promis, die du portraitierst und die Obdachlosen? Es muss doch etwas Gemeinsames geben, damit du Interesse bekommst, sie zu malen.

Ich fasse das Portrait auf wie jedes andere. Wenn es gut sein soll, ist alles gleich schwer zu malen. Ich glaube, dass jeder Obdachlose genau so eine starke Ausstrahlung hat wie eine andere Persönlichkeit, etwa ein Schauspieler. Um ein gutes Portrait zu machen, muss man einfach versuchen die Seele zu erraten. Mein Ziel ist immer, mit möglichst wenig Strichen das auszudrücken; das gelingt sowieso meist nicht beim ersten Mal. Dann muss man mehr eintauchen und versuchen, den Menschen noch mehr zu inhalieren.

Die Fotografie war ja vor 150 Jahren eine Weiterentwicklung der Portraitmalerei. Trotzdem gibt es immer noch beides. Wo liegt der Unterschied?

Ich bin kein Apparat, wo man draufdrückt und knipst.

Willst du die Menschen ergründen? Hast du das Gefühl, dass du sie besser kennst, nachdem du sie gezeichnet hast?

Ja, ganz sicher. Ich erfasse sie dann ganz anders.

Dein Werdegang ist ja nicht gerade typisch: vom Abstrakten zur Gegenständlichkeit zu kommen, ist ja nicht gerade sehr üblich.

Das stimmt. Das Malen hat bei mir begonnen, wie meine jüngste Schwester zur Welt gekommen ist, ich war gerade dreizehneinhalb: da hab ich vor lauter Freude über das neugeborene Baby begonnen zu zeichnen und das hat mich so gepackt, dass ich es von da an weiterverfolgt habe. Ich habe jeden gezeichnet, der sich hingesetzt hat und ich hab so richtig begonnen, schauen zu lernen. Das hab ich in jeder freien Minute gemacht. Dann hab ich Kartolithographie gelernt mit jahrelangem Schriften-Üben und Druckreif-Zeichnen, weil es ja noch kein Letraset gegeben hat. Das war lange, ganz genaue Präzisionsarbeit, Federnschleifen und so weiter. Daneben hab ich großflächig portraitiert. Mein Lehrer hat mir dann Mut gemacht, mich an der Akademie zu bewerben. Ich wollte kein Sonntagsmaler werden, wollte nicht nur träumen, wie so viele. Es war dann schwer die Akademie wieder abzulegen, weil man schon sehr beeinflusst wird. Denn suchen muss man sich ja immer, wenn man sich weiterentwickeln will. Mir war es wichtig, meine Menschen selber zu erfinden auf der Leinwand. Und das war in der orangen Phase mit ganz amorphen Wesen, wo ich kaltes Rosa mit Orange gegeneinander kämpfen hab lassen. Weiß war für das ewige Nichts. Plötzlich war die grüne Phase da, wo sich gleichgeschlechtliche, menschliche Wesen entwickelt haben. Und auf einmal hab ich Gesichter entwickelt, Männer und Frauen.

Ist es eigentlich eine bewußte Entscheidung, eine Phase abzubrechen oder erschöpft sich sowas von selber?

Sicher macht man das bewußt. Eine dringende Sache, die ich meist machen muss. So wie meine Gesellschaftsszenen oder die Ballszenen. Das hab ich irgendwo erlebt und will das Jahre später dann loswerden in einer Komposition in Öl auf Leinwand. Oder ich mache Berge von Skizzen in Schulheften.

Hast du bildnerische oder sonstige Vorbilder? Mit welchem Musikstil oder schriftstellerischen Stilen würdest du deine Arbeit vergleichen?

Ich wollte eigentlich immer so malen wie Bob Dylan singt! Jimmy Hendrix, die Stones... oder so stark wie ein Bluessänger. Ein Bild hab ich nach Billy Holiday gemacht. Malerisch war früher eindeutig Francis Bacon ein Vorbild. Ab dreißig bin ich abgefahren auf alles Klassische: Holbein, van Dyck, Tizian - das sind immer noch die wirklich Großen für mich. Vom Velazques-Raum im Kunsthistorischen kann ich mich gar nicht losreißen, da kann ich stundenlang stehen.

Und die zeitgenössische Kunst? Man könnte meinen, dass Portraitmalerei sehr gut verkäuflich ist. Wie passt deine Arbeit in den Kunstmarkt?

Schon der vorige Direktor von der Albertina hat gemeint, ich soll mich nicht so verstecken in meinem Kämmerlein. Er hat mich zu den großen Meistern eingereiht und hat zwei schöne Sachen angekauft. Eine Galeristin hat gemeint, ich solle ja bei meinem Stil bleiben; sie kann mich jetzt aber nicht präsentieren, weil sie ihre Kunden seit zehn Jahren auf abstrakt eingeschult hat. Die Lager sind voll von abstrakter Kunst und die Galerien müssen die Ware auch loswerden. Das dauert sicher noch zwanzig, dreißig Jahre...

Kommt Kunst von können?

Mir war die Zeichnung immer sehr wichtig. Ich kann nicht mitreden, wo Zeichnungen nicht mehr vorkommen. Das ist so eine fremde Welt für mich, da hat sich so viel getan – Videokunst, Objektkunst... Aber wer weiß, was bleiben wird, das sehen wir erst in 50, 100 Jahren. Ich habe erfahren, dass Film- und Videoklassen an der Akademie zum Teil viel mehr gefördert werden als die Malereiklassen. Mich haben immer mehr die “wirklichen” Sachen interessiert: Angefangen mit der Höhlenmalerei - das wird immer interessant bleiben. Oder eine ehrliche Kinderzeichnung, die mich nicht loslässt; das verbinde ich mit Malerei. Alles, was einfach nur für die Show gemacht wird oder für Geschäftszwecke, wird ohnehin nicht lange überleben.

Wie ist dein Verhältnis zum Kunstbetrieb?

Es gibt ein Diktat. Alle zehn Jahre darf man etwas machen, das ankommt. “Die Leute wollen wieder was erkennen auf den Bildern. Man darf wieder erkennbar malen.” Das hat wirklich ein Maler gesagt. Da hab ich mich schon gewundert! Das Thema ist mir schon sehr wichtig: dass die Aussage rüberkommt, dass die Komposition gut ist, dass technisch richtig gearbeitet wird, wie ich den Untergrund behandle, in welchen Schichten ich weiterarbeite.

Wir sitzen vor dem Opernballbild. Hat es eine Botschaft?

Es ist mit einer ziemlichen Aggression gemalt worden. Damals hab ich es irrsinnig intensiv empfunden. Jahre danach stehe ich davor und finde es nur mehr ästhetisch.

Das heißt, dein Zorn ist verflogen über die Prasserei am Opernball?

Nein, aber ich würde es ganz einfach nicht mehr so malen.

Gibt es einen bestimmten Ort, den du noch bereisen und einfangen willst?

Ich hab sehr gern das Licht in Griechenland. Die Fischereiszenen, die Olivenbäume, oder einfach nur die Fischerboote am Wasser....

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